Wer haftet bei Urheberrechtsverletzung über einen WLAN -Hotspot? Nachdem die Störerhaftung in Deutschland nur unbefriedigend geregelt wurde, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mehr Klarheit geschaffen. Der Weg für offene WLANs ist zwar frei – kann aber genauso schnell wieder geschlossen werden.
WLAN optimieren für Profis
Geschäftsleute, die ein kostenloses WLAN-Netz anbieten, haften nicht für Urheberrechtsverletzungen anderer. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg entschieden. Allerdings kann vom WLAN-Betreiber verlangt werden, dass der Anschluss durch ein Passwort gesichert wird ( Rechtssache C-484/14 ). Und Rechtsinhaber könnten bei einer Behörde oder einem Gericht eine Anordnung beantragen, mit der vom Anbieter verlangt wird, Urheberrechtsverletzungen zu stoppen oder ihnen vorzubeugen.
Pirat zieht gegen Sony vor Gericht
Konkret ging es um einen seit sechs Jahren verhandelten Fall des Münchner Landgerichts. Der Musikkonzern Sony hatte den Betreiber eines Geschäfts für Licht- und Tontechnik abgemahnt. Über dessen freien WLAN- Hotspot soll ein Album der Gruppe "Wir sind Helden" heruntergeladen worden sein, lautet der Vorwurf. Der betroffene Geschäftsmann Tobias McFadden, zugleich Netzaktivist und Mitglied der Piratenpartei , zog wiederum gegen Sony mit einer negativen Feststellungsklage vor Gericht.
Das Landgericht geht davon aus, dass McFadden den Urheberrechtsverstoß nicht selbst begangen hat. Es wurde nun geklärt, ob der Mann haftbar gemacht werden kann, weil er seinen WLAN-Hotspot nicht gegen illegale Downloads gesichert hatte.
Von der Entscheidung der Richter ist McFadden allerdings enttäuscht. Der Betrieb offener WLANs würde zu einer Art "Lotteriespiel", kritisierte er das Urteil in einem Interview. Denn ein einziger Rechtsverstoß über ein offenes WLAN könne zur Folge haben, "dass dieses passwortgeschützt und verschlüsselt werden muss".
Störerhaftung auf dem Prüfstand
Bisher konnte die sogenannte Störerhaftung herangezogen werden, um den Betreiber eines WLAN-Hotspots haftbar zu machen, wenn der tatsächliche Täter nicht ermittelt werden kann. Nach dem EuGH-Urteil sind Schadenersatzforderungen bei Erstverletzungen zwar ein Riegel vorgeschoben. Abmahner dürfen nach Ansicht vieler Juristen aber weiterhin Unterlassungsaufforderungen verschicken und in einem weiteren Schritt auch auf Unterlassung klagen.
Obwohl das neue deutsche Telemediengesetz und das McFadden-Urteil der Abmahnindustrie mehrere Hürden setzen, bleibt eine Vielzahl an kostenlosen und passwort-freien WLAN-Hotspots weiter unwahrscheinlich.
Europa droht der WLAN-Kahlschlag
Vielmehr droht in anderen EU-Ländern sogar der Kahlschlag einer offenherzigeren WLAN-Kultur. Denn der EuGH weist ausdrücklich daraufhin, dass die Nutzer offener WLANs nicht anonym bleiben sollten. Nur so könnten sie vor Urheberrechtsverletzungen abgeschreckt werden. Café-Betreibern, die bisher ein Standard-Passwort für alle Kunden sichtbar über der Theke aufhingen, steht daher ein erheblicher technischer Aufwand ins Haus.
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